Auch ich hab gelegentlich lust in ein geöffnetes Cabrio zu pinkeln

„Kann das auch in Deutschland passieren?“ Lautet die Frage, die sich aus jeder aktuellen Debatte herauskristallisiert. Zurecht.
Die Finanzwelt torkelt zur Zeit stärker als ein mit 40 Tequila-Shots betankter 14 Jähriger, der sich nichteinmal mehr Benzin für die Molotowcocktails leisten kann, die er doch so sehr braucht, um sich endlich Gehör, oder wenigstens eine Randnotiz in der Bild, zu verschaffen.

Um uns herum gerät gerade die Welt aus den Fugen und keine etablierte demokratische Partei zeigt Aktionismus. Es sind vereinzelte Ortsvertreter, die nun die Meinung der großen Volksparteien in die Medien posaunen. Berlin ist schließlich im Urlaub.
Wenn z.B. eine Altenpflegerin in den Urlaub führe (woran bei dem Gehalt eh kaum zu denken ist), und plötzlich die Mieter umstehender Servicehäuser stark erkrankten, die Einrichtungen angezündet würden oder die AWO (ArbeiterWohlfahrt, „Betreiber“) pleite ginge, wäre der Urlaub rasch vorbei. Doch nichts.

Rasch sprießen erneut 10 Experten zu jedem Thema aus dem Boden und vermitteln 15 unterschiedliche Meinungen. „Berlin ist nicht London“ titelte nun Spiegel-online. Einfach gesagt. Doch sind wir gerade im Jahr 2011 nicht oft genug von Karastrophen heimgesucht worden, die vorher angeblich keiner ernsthaft prophezeien konnte?
Wie können wir uns indessen in dieser arroganten Gewissheit wiegen, bis es zu spät wird?
Neuköllns Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky sagt auf die Frage, ob ähnliche Zustände auch in seiner Stadt bevorstünden, „Möglich ja, wahrscheinlich nein.“
Hätte Premierminister Cameron die aktuellen Randalierer als „krank“ bezeichnet, wenn er den sozialen Kontext verstünde? Er es auf sich zukommen gesehen hätte?
Die genannten Experten ziehen, wie gewöhnlich, Statistiken und Durchschnittswerte heran. Abgesehen davon, dass selbst die alarmierend sind, reicht ein kleiner Kreis, denen es extrem schlecht geht und ihre Situation checken.
Die Fakten:
In England besitzen das oberste Zehntel 43% des Gesamtvermögens. Die untere Hälfte besitzen 13%.
In Deutschland besitzen das oberste Zehntel 61% des Gesamtvermögens. Die untere Hälfte besitzt 1,6%.
(Zahlen stammen vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und der britischen Statistikbehörde)
Ist es da wirklich unwahrscheinlich, dass noch mehr junge, mittellose Menschen, denen bewusst wird, dass sie es nie „schaffen“ werden, am Kudamm entlangschlendern, in die Schaufenster gucken, die Autos davor betrachten, die Menschen in den Cafes und sich der Neid in Wut ausdrückt? Wer hatte noch nie das Bedürfnis in einen Porsche mit geöffnetem Verdeck zu pinkeln?

Zum Schluss möchte ich gerne auf den Text „Zorn“ vom PoetrySlammer Moritz Neumeier aufmerksam machen:
„Zorn“ von Moritz Neumeier

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Eine Antwort zu Auch ich hab gelegentlich lust in ein geöffnetes Cabrio zu pinkeln

  1. Yasmine Legion schreibt:

    Schöne Sache deine Seite! :)Ganz und gar deiner Meinung! Es wird vertuscht, warum diese Menschen in London wirklich auf der Straße waren! Uns wird vorenthalten, wenn in Spanien ,Italien, Indien etc. Proteste gegen das korrupte, schon immer zum Scheitern verurteilte Finanzsystem statt finden! Wie im jüngsten Fall, der Wall Street! Seit Samstag sind da bis zu 50000 Menschen und demonstrieren, doch in den Medien ist NIX zu sehen! Es gibt keine freie Presse mehr, keine Dermokratie! Sie versuchen mit allen Mitteln zu unterdrücken, dass wir auf die Straße gehen! Doch es ist unaufhaltbar! Wenn die tatsächlichen Auswirkungen der jetzigen Krise sich dann in ein paar Monaten auch wirklich zeigen, werden auch dem Letzten die Augen geöffnet, dass unser Finanzsystem nur für die Oberreichen arbeitet! Die weltweite Revolution ist schon lange in Gang gesetzt worden und täglich wachsen deren Anhängerzahlen um ein Vielfaches, auch wenn sie die Presse manipulieren!Das zeigt nur ,wie verzweifelt die Staatsoberhäupter sind und wie sie mit allen Mittel versuchen diese Bewegung im Keim zu ersticken, doch es ist zu spät!Zu schön! Wir schreiben Geschichte und zwar endlich mal schöne Geschichte und das ist gut so! 🙂

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